Fachtext über Coaching

Coaching ist für mich mit Leitungssupervision gleichzusetzen und bezieht seine Benennung aus dem spezifischen Feld, in dem es angewendet wird. Pühl (2009a) weist darauf hin, dass beim Coaching vor allem die Rollenberatung im Vordergrund steht. (Vgl. ebd., S. 21) Auch bei Looss (2006) wird die Aufgabe des Coachs mit der Rollenberatung verknüpft: „Ein „Coach“ ist ein (externer) Einzelberater für die personenzentrierte Arbeit mit Führungskräften entlang der Frage, wie die Managerrolle von der Person bewältigt wird.“ (Ebd., S. 16) Eine dazu passende Definition von Coaching findet sich bei Rappe-Giesecke (2009): „Coaching ist die Beratungsform, deren Aufgabe es ist, den Klienten dazu zu verhelfen, ihre Funktion besser ausfüllen zu können. Coaching findet mit folgenden Einzelklienten statt:

  • Führungskräfte
  • Fachkräfte
  • Unternehmer / Selbständige.“ (Ebd., S. 42)

Die Funktion des/der Coachee ist in dieser Definition „eine Position in der Aufbauorganisation, die durch ihren Beitrag zu arbeitsteilig ausdifferenzierten Gesamtaufgabe der Organisation charakterisiert wird. Jede Funktion ist durch eine primary task bestimmt, durch Rollenerwartungen, die der Inhaber selbst und andere an ihn haben.“ (Vgl. ebd. S. 38)

 

Die Funktion des Rollenträgers/der Rollenträgerin ist für die Rollenklärung die Richtschnur, an der sich BeraterInnen orientieren können. Für die Beleuchtung dieser Aufgabe muss zuerst die Primäraufgabe der Organisation der Auftraggeberin/des Auftraggebers geklärt werden, die erfüllt werden muss, um den Zweck und die Mission der Organisation zu erfüllen. Um diese Primäraufgabe werden Organisationseinheiten gebildet, die ihren Beitrag zur Bewältigung der Primäraufgabe leisten.

„Sich um die Klarheit und das Verständnis der eigenen Primäraufgabe – bzw. etwas weiter gefasst – von Hauptaufgaben zu bemühen, ist daher eine der Leitideen in den Interventionsmodellen, welche mit und an Rollen in Organisationen arbeiten. Die Funktionalität von Handlungen wird letztendlich dadurch bestimmt, ob sie einer optimalen Erfüllung der Aufgaben dienen. Es ist wesentlich, sich zu vergegenwärtigen, welchen Beitrag ein Rollenträger mit der Erfüllung seiner Aufgaben zu Zielen und Strategien der Organisation leitet.“ (Hantschk 2009, S. 214)

Sehr gut lässt sich hier auch die Frage der Wechselseitigkeit stellen: Wofür braucht eine/ein ArbeitgeberIn mich und wofür brauche ich die/den ArbeitgeberIn, was bin ich ihr/ihm wert, was ist er/sie mir wert? In diese Überlegungen aus Sicht der/des Coachees passt die Frage der persönlichen Karriereplanung, denn das Ziel der Karriereberatung ist die „Positionsbestimmung und Werteklärung als Basis und darauf aufbauend die Schaffung von Optionen im Handeln und Erleben.“ (Rappe-Giesecke 2008, S. 136)

 

Rollenberatung ist eine „Schnittmenge von persönlichen Wünschen, Forderungen und Beiträgen des Rollenträgers einerseits und den Anforderungen und Beiträgen der Organisation andererseits“. Der/die RollenträgerIn stellt der/dem ArbeitgeberIn Wissen, Engagement und Fertigkeiten zur Verfügung, er/sie hat innere Bilder über die eigenen Möglichkeiten und Grenzen und hat bestimmte Zukunftsvorstellungen und Wünsche an die Organisation. Die Organisation erwartet von den für sie tätigen Rollenträgern Leistungen im Rahmen ihrer Zielsetzung und strategischen Ausrichtung. (Vgl. Hantschk 2009, S. 213)

 

Es gibt mehrere Aspekte, die das Rollenkonzept begründen. Einer dieser Aspekte ist laut Hantschk (2009) der Interaktionsaspekt. Damit ist gemeint, dass Rollen Konstrukte sind, die im Beziehungsgefüge entstehen. Dies bedingt, dass viele Rollen komplementär sind, d.h. eine Rolle kann ohne die andere gar nicht bestehen. (Vgl. ebd., S. 211)

Die Karriereplanung als Rahmen steckt bei dieser Aushandlung der eigenen Rolle den Rahmen ab.  Karrierepläne werden nicht zuletzt auch von Werten und Haltungen des/der Coachee geprägt. Diese werden in dem Karriereberatungsprogramm von Rappe-Giesecke (2009) aufbauend auf den Karriereankern von Schein (1994) sorgsam ermittelt. Schein (1994) geht dabei von acht möglichen Ankern aus, die je nach Persönlichkeitsprofil unterschiedlich stark ausgeformt feststellbar sind. Diese Anker sind: Technische/Funktionale Kompetenz, Befähigung zum General Management, Selbständigkeit/Unabhängigkeit, Sicherheit/Beständigkeit, Unternehmerische Kreativität, Dienst oder Hingabe für eine Idee oder Sache, totale Herausforderung, Lebensstilintegration. (Vgl. ebd., S. 28) Diese Karriereanker, die mittels ausgefeilter Fragetechnik ermittelt werden, bilden die Basis für die auf die KlientInnen passgenau zugeschnittene Karriereberatung. Das Wissen über sich selbst und seine Werte gibt den Rahmen vor, in dem Entscheidungen letztendlich gefällt werden können. Je bewusster diese Werte und Karriereanker sind, desto bewusster und klarer können auch die Rollenverhandlungen der/des Neuen Selbständigen erfolgen.

 

Literatur

 

Hantschk, I. (2009). Rollenberatung – Berufliche Rollen im aktuellen Kontext finden und gestalten. In H. Pühl (Hrsg.), Handbuch der Supervision 3 (S. 201 – 221). Berlin: Leutner

 

Looss, W. (2006). Unter vier Augen: Coaching für Manager. Bergisch-Gladbach: EHP

 

Pühl, H. (2009a). Was Supervision auszeichnet. In H. Pühl (Hrsg.), Handbuch der Supervision 3 (S. 12 – 25). Berlin: Leutner

 

Rappe-Giesecke, K. (2009b). Diagnose in Supervision und Organisationsberatung. In H. Pühl (Hrsg.), Handbuch Supervision und Organisationsentwicklung 3., aktualisierte und erweiterte Auflage (S. 75 – 91). Wiesbaden: VS-Verlag

 

Rappe-Giesecke, K. (2008). Triadische Karriereberatung. Begleitung von Professionals, Führungskräften und Selbständigen. Bergisch-Gladbach: EHP

 

Schein, E. (1994). Karriereanker. Die verborgenen Muster in Ihrer beruflichen Entwicklung. Darmstadt: Beratungssozietät Lanzenberger, Dr. Looss, Stadelmann